Todsünden bei der Fachwerksanierung - oder: Generalabrechnung mit sog. Experten

Die Restaurierung eines Fachwerkhauses ist eine sensible Angelegenheit. Meist hat der Besitzer des Fachwerkhauses keine Ahnung von der Sanierung - leider oft auch nicht der vermeintliche Experte. Der Architekt und ausgewiesene Spezialist für Altbausanierung Dipl.-Ing. Konrad Fischer hat zwölf satirische Fakten zusammengestellt, an denen Sie erkennen können, ob Sie es mit einem wirklichen Fachmann oder eher mit einem Schwadroneur zu tun haben. Konrad Fischer ist in der Branche bekannt dafür, dass er kein Blatt vor den Mund nimmt. Das ist auch gut so. Denn wertvollste Fachwerksubstanz wird laufend kaputt saniert - mit oder ohne Hilfestellung eines sog. Fachmannes. Weitere interessante Aspekte rund ums Bauen und die Altbausanierung finden Sie auf der Internetseite von Konrad Fischer.


Voruntersuchung mit Hammer und Pickel als Sanierungsvorbereitung

Danach bleibt kein Gefach mehr heil, keine Putzhaut mehr stabil, keine Renaissancebemalung mehr erhalten: das Knochengerippe steht frei, die Bude ist entkernt, der Bauherr zahlt drauf. Vom verformungsgetreuen Aufmaß, einer bau- und fassungsgeschichtlichen Befunduntersuchung und deren Analyse im Hinblick auf möglichst eingriffsarme Bauuntersuchung und erhaltende, sparsame Instandsetzung hat man ja noch nichts gehört. Der Ausbau einiger neuzeitlicher Wand- und Deckenverkleidungen hätte zwar genügen können - mehr Show ist jedoch die Totalmethode.

Das zeichnet eben den "Experten" aus - möglichst viel Wind machen und das verrottete Fachwerk mal richtig durchlüften. Die Fortsetzung der Sanierung fällt dann äußerst einfach:

Nach dem Filettieren und Skelettieren ist das Bauwerk von allen Nichtfachwerkbauteilen befreit. Nun kann man ans Geraderichten mit Hydraulpressen und Schrauben, mit Winden und Vorschlaghammer gehen. Dass die Verformungen schon sehr alt sind und viele Ausbaustufen bis zu den Anschlüssen von Boden, Wand und Decke, von Fenster und Türen auf die Verformung Bezug nehmen, stört dann ja nicht. Hauptsache, die Baukosten explodieren und kein Gefach bleibt erhalten. Der Zimmererdepp hat's so besonders bequem, der Bauherrschaft und dem interessierten Planer unter Verweis auf den mangelnden Neubaucharakter und einiger sonstig verdächtigen Stellen der alten Konstruktionshölzer möglichst viel feuchtes Bauholz aus Russland, Polen oder dem Hindukusch aufzuschwätzen. Aber unbedingt gebeilt*! Vom Denkmalwert bleibt dann nur eine schale Erinnerung. Hauptsache, man sieht viel Holz zum Schluss. Baukosten: 3 x Neubau. Da hat doch jeder was davon, Fachwerkfördermittel so simpel zu verwursten.

Holz-für-Holzuntersuchung mit aufwendiger Technik und Dokumentation

Der Bauherr zahlt's ja. Warum sollte man sich mit weniger zufrieden geben, wenn man schon die Apparate (z.B. für Bohrwiderstandsmessung) hat. Dass man die Technik nur gezielt und punktuell einsetzt, wenn andere Methoden nicht mehr weiterhelfen, rentiert sich ja nicht. Und dass man ein bisschen Erfahrung bei der Suche nach typischen Schwachpunkten der Holzkonstruktion einsetzt - warum denn einfach, wenn's auch brutal geht? Dafür erfolgt dann die Vornamensverleihung für jeden Holzwurm. Übertriebene Angsteinjagerei wegen einiger Befallsspuren im Splintholz, wodurch die Tragfähigkeit kaum beeinträchtigt wird. Dramatisierung von ggf. tatsächlichem Hausschwammbefall. Das kostet Geld und bringt gar nix. Holzschutzschwachverstand pur.

Verwechslung des Fachwerkkunst mit Disneyland

Konstruktive Fachwerke des 18./19. Jahrhunderts, ohne Zierformen wie Feuerbock oder Gefügekunst des Mittelalters - im Wahn der 30er germanisierend freigeholzt und von ihrem steinbautäuschenden Putzkleid gestrippt - werden unbedingt als Sichtfachwerk weitertradiert. Obwohl dabei weder die erforderlichen Konstrutionsdetails erreicht werden können - man putzt z.B. die Gefache kissenförmig wassersaugend auf - noch das Fassadenbild mit natursteinimitierenden Brettelgewänden dem technisch und stilistisch Notwendigen entspricht - befriedigt durch Acrylverfugung und heimattümelnder Belackung und Lasur dennoch den Publikumsgeschmack. Hauptsache, das Holzgefüge wird maximal misshandelt und zum baldmöglichsten Verrotten verurteilt.

Schwamm- und Pilzbekämpfung mit Gift und metrigem Rückschnitt unter ritueller Beschwörung der DIN

Mehr kann man Fachwerk nicht schädigen, gleichzeitig raubt man den Anwendern und Bewohnern ihre Gesundheit. Warum sollte man auch neuartige giftfreie Holzschutzmittel benutzen, die obendrein das Holz festigen und dessen Entflammbarkeit herabsetzen?

Ausspänen mit kunstharzkleber-eingeleimten baufeuchten Spänen

Hätte man gegenüber dem Fachwerkholz trockenere Späne genommen, hätten sie sich durch Feuchtannahme ohne Kleber eingeklemmt. Die Klebefuge wirkt dann als Trocknungssperre, das fördert Wasserstau und Verfaulen.

Neuholzschwellen werden mit Markzentrum in der unteren Hälfte eingebaut

Die unvermeidlich entstehenden Schwundrisse weisen dann nach oben und werden Wasserfallen.

Ausfachung neuer Gefache mit möglichst wasserrückhaltenden Baustoffen wie Bims, Porenbeton oder porosierten Ziegeln

Geschieht zur Erheiterung der Holzschädlinge. Das unterstützt man am besten mit möglichst trocknungsblockierender Versiegelung/Abdichtung der Gefach-Holz-Fuge. Das ist dann normgerecht. Und fördert durch Wasserstau hinter der Dichtfuge die Vermorschung.

Gefacheoberfläche werden mit möglichst wasserabweisenden Verputzen und Anstrichen blockiert

Die verringerte Regenwasseraufnahme im Gefach hat als logische Folge, dass das Regenwasser verstärkt in die Kapillarfuge Gefach-Holzschwelle eindringt. Von dort wird es dann auch nicht mehr übers Gefach kapillar heraustransportiert. Dass diese Mörtel und Anstriche sehr wohl täglich Kondensat und nach ihrer unvermeidlichen Versprödung durch das entstehende Kapillarrißsystem auch Regen aufnehmen, wird wohlweislich verschwiegen. Denn dann könnte der Fachwerkbesitzer ja fragen, wie diese Feuchte durch derartige Blockaden wieder möglichst schnell herauskommen soll?

Die Augenauswischerei mit Dampfdiffusionswerten hat im Hinblick auf die Bauteiltrocknung o Bedeutung. Die Kapillartransporte von Wasser sind nämlich um den Faktor 1000 größer. Das verschweigen die Farb- und Putzlieferanten. Die "Fachwerkexperten" wären ja schön blöd, wenn sie nicht für ständigen Nachschub von Sanierungsschäden sorgen würden. Warum sollte man auch traditionsbewährte Luftkalkmörtel benutzen, wenn es salzreiche traß-, zement- und kunstharzverschnittene Pampen gibt, die begierig die durch Kondensat bzw. Regen eingedrungene Feuchte zurückhalten, bevor sie knallhart von der Wand springen? Und im Falle der Dispersionsanstriche beste Lebensgrundlagen für Beschimmelung bieten (pH-Werte so um 8 herum).

Altanstriche, meist auf Kunstharzbasis,...

...werden teuer mit holzschädigenden Techniken (Abschleifen, Abdampfen, Ab-(wirbel-)strahlen, Abfräsen, Abbrennen, Abbeizen mit CKW/Alkali-Beizen) abgenommen. Warum sollte man auch CKW-und wasserfreie chemisch neutrale Entlacker benützen, die die versprödeten Kunstharzschwarten butterzart, bauwerks-, umwelt- und gesundheitsschonend (bittschön nur im Vergleich gemeint - auch CKW-freie Entlacker sind kein Nahrungsmittel!) erweichen?

Neuanstrich der Fachwerkhölzer...

...mit schichtbildenden wasser- und trocknungsblockierenden harzhaltigen Anstrichsystemen, die weder den künftigen Holzbewegungen folgen können, noch die dann in Risse eindringende Feuchte möglichst schnell wieder rauslassen. Warum sollte man auch den menschlichen (Handwerk+Fachwerk"experten"), tierischen (Insekten) und pflanzlichen (Pilze) Holzschädlingen mit trocknungsfördernden und wartungsfreundlichen reinen Ölanstrichen die Lebensgrundlage - feuchtes Holz und versprödende, wasserstauende und schichtbildende Anstriche - entziehen?

Heizung mit wanddurchfeuchtender Konvektionsheizung...

...anstelle Hüllflächentemperierung, die Kondensatdurchfeuchtung und erhöhte Lüftungswärmeverluste ausschließt. Wie bekommt man denn sonst den Hausschwamm in die kondensatgefährdeten Balkenauflager, wenn nicht durch falsches Konvektionsheizen?

Nachträgliche Dämmung innen oder aussen...

...nach Tabellen- und Rechenintelligenz ohne Energieersparnis und Verstand für praktische Durchfeuchtung und Speicherwirkung der Wandkonstruktionen. Geballtes Unverständnis gegenüber traditioneller Konstruktionskunst. Erzwingen von Bauschäden durch normierte Veränderung, Ersatz und Zerstörung bewährter Bauweise - unter Dauerbeschwörung der Klimaapokalyptik und sonstiger Wahnvorstellungen der Ökoreligion. Einbau überdichter Fenster, die der Bude Durchfeuchtung vorprogrammieren. Einbau von Lüftungstechnik, die dem Bewohner Sick-Building-Syndrom, Asthma und Allergie gönnt. Sinnlose Dämmung im Fußbodenaufbau, da man von der sich dort zwangsläufig entwickelnden "Wärmelinse" nach Prof. Klopfer noch nie gehört hat. Der Investor/Käufer/Mieter zahlt's ja - und die Behörde bezuschusst das.

* Erklärung der Redaktion: "beilen" ist die alte Kunst der Zimmerer, mit dem Beil aus dem Holzstamm einen geraden, sauberen Balken (z.B. eine Fachwerkschwelle) zu schlagen. Unsere Vorfahren konnten das noch - gelegentlich kann es auch heute noch der eine andere andere Zimmergeselle oder -meister

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