Vom Schwarzfärberhaus an den Kaiserhof

Alice Schwarzer wäre begeistert gewesen. 1646 hatte wohl niemand geahnt, dass der kleine Fratz, der in dem Fachwerkhaus in der Ladenburger Färbergasse 8 geboren wurde, Großartiges für die Frauenwelt leisten würde. Johann Anton Seiler ebnete Maria Thersia den Weg auf den Kaiserthron. Dabei war er keineswegs ein Politiker "von Haus aus". Ein Blick auf die Fassade seines Geburtshauses verrät mehr: Über dem Eingang befinden sich noch heute zwei gekreuzte Färberwalzen. Johann Anton Seiler war der Sohn eines Schwarzfärbers. Bereits als Schüler schlug er einen für Handwerker-Söhne unüblichen Weg ein.

Unter Kurfürst Karl Ludwig war er einer von 36 "Neckarschülern", die eine Art gymnasiales Internat besuchten. Anschließend studierte Johann Anton Seiler Jura mit kurfürstlichem Stipendium und trat schließlich in Pfälzer Dienste. Nach dem Regierungsantritt des Hauses Pfalz Neuburg wirkte er unter Kurfürst Philipp Wilhelm maßgeblich am "Friedensvertrag von Rijswiijk" (1697) mit. Sogar Geheimverhandlungen waren sein Ding: Mit den Franzosen handelte er die "Rijswijker Klausel" aus. Sie sicherte den Katholiken zu, dass ihnen der Besitz (zum Beispiel die Ladenburger Galluskirche) während der französischen Besetzung erhalten blieb.

Wegen Unstimmigkeiten ging er schließlich in den kaiserlichen Dienst, wurde Geheimrat und oberster Hofkanzler. 1713 war Johann Anton Seiler an der "Pragmatischen Sanktion" beteiligt, die die Unteilbarkeit der Habsburgischen Erblande und die Erbfolge auch in weiblicher Linie festlegte. Persönlich danken konnte Maria Theresia ihm nicht mehr. Als sie 1740 den österreichischen Gesamtstaat erbte, war der zum Reichsgraf ernannte Johann von Seilern (Seylern) bereits seit 25 Jahren als Kanzler des heiligen römischen Reiches deutscher Nation verstorben. Beigesetzt hat man ihn in der Wiener Franziskaner Kirche.