Thermographie - Infrarot-Fotografie im Baubereich

Von Dipl. Ing. Sönke Krüll

Architekten, Bauverantwortliche sowie Bau- und Denkmalschutzbehörden aber auch Hausbesitzer erhalten über eine Infrarot (IR)-Messung wertvolle Informationen über Gebäude und Bauwerke, die sonst gar nicht, oder nur mit erheblichem finanziellen und zeitlichen Aufwand erfaßt werden könnten. Hausbesitzern und Wohnungseigentümern zeigt die Thermografie die Schwachstellen an Dach und Außenwänden, an denen zu viel Wärme ins Freie entweicht, um anschließend gezielte Wärmedämmaßnahmen einleiten zu können. In Zusammenhang mit einer "Energiesparberatung vor Ort" können Fördermittel beantragt werden.

Seit dem Bau der ersten Infrarot (IR) - Kamera 1929 hat sich diese Technik, nicht zuletzt unter Einfluß des Militärs, grundlegend geändert. Heutige Infrarotkameras liefern erstaunliche Ergebnisse und sind aufgrund ihres geringen Gewichtes und der guten Handhabbarkeit vielfältig einzusetzen. Nach der ersten Ölkrise 1973 setzte ein verstärktes Interesse ein, die IR-Technik auch für das Auffinden von energetischen Verluststellen an Gebäuden und Industrieanlagen zu nutzen. Das ist heute kein Problem mehr, Ausführungsmängel im Isolierbereich lassen sich noch vor Abschluß der Baumaßnahmen bzw. während der Gewährleistungszeit eindeutig nachweisen.

Thermographie

Das Infrarotbild (Bild 1) zeigt beispielsweise eindeutige Ausführungsmängel bei der Sanierung eines alten Hauses. Ein Pfeil deutet auf undicht eingebaute Fenster hin, ein weiterer zeigt Zugerscheinungen im Bereich der Fußbodenleiste und einer Steckdose. Das äußere Mauerwerk ist in diesem Fall undicht. Die kalte Luft aus dem Außenbereich gelangt hinter die im Inneren aufgebrachten Gipskartonplatten und tritt im Bereich der Fußbodenleiste in den Raum. Sogar aus der Steckdose zieht es. Ein Unbehaglichkeitsgefühl und kalte Füße der Bewohner war eine Folgeerscheinung. Dazu kam noch eine Verschwendung von Heizenergie. Die entsprechenden Firmen mußten ihre schlechte Ausführung, nach einem Gerichtsbeschluß nachbessern. Ohne Infrarotaufnahmen wäre ein Nachweis schlecht möglich gewesen.

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Zur Unterstützung von derartigen Aufnahmen werden oft auch "Blower Door" - Messungen eingesetzt. Der "Blower Door" ist ein Ventilator, der in die Außentür eingesetzt wird und im Haus einen Unter- oder Überdruck erzeugt. Bläst der Ventilator in das Gebäude, so entsteht ein Überdruck, saugt er die Luft aus dem Gebäude heraus, so wird ein Unterdruck erzeugt. Meßgeräte messen Luftvolumenstrom. Also alles was bei einem Unterdruck aus dem Haus strömt, muss an undichten Stellen in das Haus einströmen. Um zu bestimmen, an welchen Stellen das Haus undicht ist, wird die Infrarotkamera oder ein Nebelgenerator mit ungiftigem Theaternebel eingesetzt.

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Aber zurück zur Thermografie. Die Infrarotaufnahme (Bild 2) eines neu gebauten Einfamilienhauses (Bild 3) zeigt, dass - anders als in der Bauausschreibung festgelegt - das Haus keineswegs komplett mit Wärmeschutzverglasung mit einem U-Wert (früher k-Wert) 1,3 W/(m²K) ausgerüstet wurde. Die IR-Fotos beweisen vielmehr, dass in der Haustür normale Isolierverglasung mit einem U-Wert von 3,0 W/(m²K) eingesetzt wurde. Im konkreten Fall erhielt der Hauseigentümer das zuviel berechnete Geld für die Wärmeschutzverglasung zurückerstattet. Ansonsten weist das Haus keine Mängel in der Isolierung auf. Der Wärmeaustritt im oberen Bereich des rechten Fensters stammt von einem angekippten Fensterflügel und stellt keine Wärmebrücke dar.

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Nützlich ist die Thermografie aber auch in anderen Bereichen: An diesem Schloß (Bild 4) mußten die Architekten und Baustatiker die vorhandene Fachwerkstruktur nachweisen, da der gesamte Dachboden ausgebaut werden sollte und deshalb die Tragfähigkeit der Gebäudewände nachgewiesen werden mußte. Um schnell und kostengünstig Informationen über das Fachwerk zu erhalten, wurden Infrarotaufnahmen vom Haus aufgenommen. Das Infrarotbild (Bild 5) zeigt einen kleinen Teil des Schlosses über einem Gewölbe. Die Fachwerkstruktur ist deutlich zu erkennen, oft ist sie sogar noch besser "einsehbar".

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Unter Putz liegendes Fachwerk lässt sich durch das unterschiedliche Isolier- und Wärmeleitverhalten der verschiedenen Stoffe mithilfe der IR - Messung genau bestimmen. Auf diese Weise kann man bereits an dem noch verputzten Haus erkennen, ob es sich um ein Schmuckfachwerk handelt, welches ein Entfernen des Putzes rechtfertigt, oder ob das Fachwerk lediglich konstruktive Zwecke erfüllt. So kann die Infrarotmessung schon in der Vorplanung wertvolle Entscheidungshilfen liefern oder Freilegungskonzepte für Häuser oder Straßenzüge erbringen, ohne dass das kleinste Putzstück entfernt werden müßte. Bei Umbaumaßnahmen, wie beispielsweise einem Schaufenstereinbau oder Aufstockungen, können tragende Konstruktionen noch vor Beginn der Baumaßnahme lokalisiert werden, um nicht aus Versehen unverantwortlich in die Statik des Hauses einzugreifen. Während eine Wärmebrückenuntersuchung an Gebäuden nur in der kalten Jahreszeit durchgeführt werden kann, (der Temperaturunterschied von Innen- zu Außentemperatur sollte mindestens 15°C betragen), lässt sich die Fachwerklokalisierung zu jeder Jahreszeit vornehmen. In der kalten Jahreszeit werden Fachwerk oder Stahlarmierungen über das unterschiedliche Wärmedämmverhalten der einzelnen Materialien im Infrarotbild sichtbar. In der warmen Jahreszeit nutzt man die stark unterschiedliche Reflexion atmosphärischer Wärmestrahlung und die abweichenden Wärmeleitwerte von Holz und Ausfachmaterial, um das Fachwerk an verputzten Gebäuden zu lokalisieren. So ergeben sich während dieser Zeit besonders scharfe Thermogramme. Bei guter Witterung sind auch Aussagen über den Zustand des Holzes, über Schädlings- oder Pilzbefall möglich.

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Von baugeschichtlichem Interesse ist oft die Suche von Mauergefügen, Anbauten, zugemauerten Türen und Fenstern sowie Gurten und Bögen an massiven Gebäuden. Durch Zerstörungen, Reparaturen, Baumaßnahmen oder Nutzungswandel sind diese Mauerwerkstrukturen heute teilweise unter Putz verborgen und daher für das menschliche Auge nicht sichtbar. Die IR - Kamera deckt diese Strukturen schon vor Ort auf dem Farbmonitor auf oder zeigt sie anhand des gedruckten Bildes.

Auch verdeckt liegende Rohrleitungen, ganz besonders Fußbodenheizungen, können in kurzer Zeit geortet werden. Wo in den vergangenen Jahren ganze Heizkreise bzw. Böden und Decken aufgerissen werden mußten, um fehlerhafte Stellen (Bild 6) zu finden, ist es durch die IR - Technik ohne großen Aufwand möglich, derartige Schadstellen zu orten. Selbst Brücken, Staudämme und Tunnelanlagen können mittels IR - Technik auf Rißbildung bzw. Durchfeuchtung untersucht werden.

Der Meßbereich einer modernen IR- Kamera liegt zwischen -20°C und +2000°C mit einer Meßgenauigkeit von 0,1°C. Die Infrarotbilder werden in der Kamera digital auf eine Diskette gespeichert um sie dann später auf dem Computer mittels spezieller Software auszuwerten und auszudrucken.

Die Anschaffung solch einer kostenintensiven Technik rentiert sich allerdings für den Privatmann nicht: 75.000,- bis 100.000,- € müssen investiert werden, um eine moderne IR - Kamera mit Objektiven und entsprechender Auswertetechnik zu erwerben. Bedeutend kostengünstiger ist in den meisten Fällen die Inanspruchnahme einer Dienstleistung. Erfahrene Ingenieure nehmen die Infrarotaufnahmen vor Ort auf, um sie anschließend kundenspezifisch am Rechner auszuwerten.

Dipl. Ing. Sönke Krüll ist Geschäftsführer der Industriethermographie Krüll in Tabarz/Thür. und Schriftführer des Verbandes Deutscher Thermographen.

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