Schuhhof war einst die Heimat
mondänen Schuhwerks

Der Schuhhof von Halberstadt war im ausgehenden 19. Jahrhundert DIE Adresse im Harz für edles Schuhwerk. Denn in dem Gebäude mit dem reich verzierten Fachwerk konnte man moderne Pariser und Wiener Luxusschuhe erwerben. Der mondäne Zeitgeist der Jahrhundertwende und die stolze Historie der einstigen Bischofsstadt trafen in dem Bauwerk am Breiter Weg aufeinander.

Das im Jahr 1587 erbaute Gebäude beeindruckte architektonisch vor allem mit den detaillierten Schnitzereien im Fachwerk. Die Konsolen schmückten fein heraus­ge­arbeitete Heiligenfiguren. Die Gefache unter den Fenstern im zweiten Stockwerk waren mit Darstellungen von filigranen Säulen und romanischen Bögen geschmückt. In und zwischen diesen fanden sich Schnitzereien von Zunftzeichen und dämonischen Fratzen. Auch die zum Halberstädter Stadtwappen gehörende Wolfangel war zu finden.

Wie viel Wert die Erbauer auf ein prunk­volles Erscheinungsbild legten, zeigte sich daran, dass neben bildlichen Darstellungen auch jeder Ständer mit Punkten, Kreisen und Borten versehen wurden. Aus den Friesen waren aufwändige Flechtmuster herausgearbeitet worden. Die Giebelwand war, ebenso wie das Krüppeldach, mit den für die Region typischen Krempziegeln eingedeckt.

Man kann sich vorstellen, dass das alte Haus eine beliebte Adresse für einkaufsfreudige Harzer war. Die Pracht fand am 3. April 1903 leider ein jähes Ende, als das stolze Gebäude bis auf die Grundmauern nieder brannte. Heute ist der schöne Schuhhof, der seinerzeit viele Ansichtskarten zierte, aus dem kollektiven Gedächtnis der Halberstädter leider nahezu vollständig verschwunden.