Die Familie Greff und ihr Doppelhaus von 1617

Roßwag ist ein kleiner, sympathischer Weinort in Schwaben. Der malerisch in die Hügel geschmiegte Ortskern am Ufer der Enz besteht noch aus urigen Gebäuden und Höfen - fast erscheint es, als wäre hier die Zeit stehengeblieben. Hier sanieren Wieghart Greff und seine Familie zur Zeit ein stattliches Fachwerkhaus mit knapp 400 Quadratmetern Wohnfläche. Das Gebäude aus dem Jahr 1617 - eigentlich handelt es sich um zwei aneinander gebaute Häuser - war ursprünglich Teil einer größeren Hofanlage. Heute gehören aber immerhin noch eine Scheune und ein Schuppen zum Anwesen.

Herbert Hoffmann und sein Fachwerkhaus-Kleinod
Im neuem Glanz erstrahlt das sanierte Fachwerkhaus der Familie Greff

Eine Kneipe ("Der Ochse") und eine Bäckerei waren unter anderem im Laufe der Jahrhunderte in dem Haus untergebracht. Danach wurden die Gebäude von einem Händler und später als Wohnhäuser genutzt.

Und auch in der Geschichte des Ortes spielt das Haus eine wichtige, wenn auch etwas unrühmliche Rolle:

"Am 1. Advent 1880 hat ein verschmähter Liebhaber der Gastwirtin die Scheune in Brand gesteckt, worauf der halbe Ortskern abgebrannt ist", hat Wieghart Greff in Erfahrung gebracht, "bei der Sanierung haben wir auch in der zur Scheune angrenzenden Rückwand angekokelte Balken gefunden.

Die Sanierung war übrigens wirklich dringend notwendig, schließlich stand ein Teil des mittlerweile fast abbruchreifen Gebäudes seit 30 Jahren leer. Dementsprechend heruntergekommen wirkte die Anlage auch, als Greff sich das Gebäude zum ersten Mal anschaute: "Man darf sich aber auf keinen Fall vom ersten Anschein blenden lassen", weiß der Maschinenbautechniker, der mit diesem Projekt bereits die zweite Fachwerkhaus-Sanierung angeht, aus eigener Erfahrung: "Entscheidend ist, dass das Tragwerk in Ordnung ist." Möglichst sollte man sich beim Kauf eines Fachwerkhauses auf solche Objekte konzentrieren, an denen möglichst viele Balken sichtbar sind und in denen in den vergangenen 50 bis 100 Jahren möglichst wenig gearbeitet worden ist. "Sonst hat man oft wunderschön verputzte Wände, findet darin aber nur faulendes Holz", so Wieghart Greff, "da ist es besser, man sieht das Holz und kann im Zweifelsfall mit der Nagelprobe relativ einfach herausfinden, ob bei einem Balken nur die oberste Schicht wurmstichig ist, oder ob er komplett hinüber ist."

Unbedingt, so sein Tip, sollte man sich das in Frage kommende Gebäude vor dem Kauf mit einem kompetenten Zimmermann und einem Statiker anschauen, schließlich kann der Laie in den wenigsten Fällen erkennen, ob in der Vergangenheit irgendjemand ohne Rücksicht auf die Statik irgendwelche Wände herausgerissen oder Stützbalken entfernt hat, um den Wohnraum zu vergrößern. "Und man sollte schon einmal kalkulieren, wie teuer die Sanierung wird", rät der Maschinenbautechniker, "wenn man die Summe dann verdoppelt, kommt man den tatsächlichen Preisen schon recht nahe." Ganz wichtig ist seiner Einschätzung nach ein großer Freundes- und Bekanntenkreis mit handwerklicher Erfahrung: "Wenn man alle Arbeiten durch Handwerker erledigen lässt, dann ist solch ein Projekt für einen Normalverdiener überhaupt nicht zu bezahlen."

Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Wo bei einem herkömmlichen Neubau beispielsweise für die Elektroinstallationen nur die Wand geschlitzt werden muss, um die Kabel zu verlegen, macht das beim Fachwerkhaus die vierfache Arbeit, müssen die Kabel doch durch die Balken bzw. die Ausmauerung verlegt werden. Außerdem sind die meisten Wände schief. Wenn diese neu verputzt werden müssen, dann ist das eine Arbeit, die kein Handwerker gerne macht.

Aber zurück zum Doppelhaus von Wieghart Greff: Rund 350 bis 400 Quadratmeter Wohnfläche sind auf vier Stockwerke verteilt. Zusätzlich gibt es einen kleinen Gewölbekeller und einen Kriechkeller. Nach der Neuaufteilung der Räume entstanden eine große und eine kleinere Wohnung. Geplant sind außerdem noch ein kleines Ladenlokal und eine seitlich gelegene Terrasse. Die Realisation haben die Greffs aber erst einmal auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.

"Ziel bei der Sanierung war es, möglichst viel von der alten Fachwerksubstanz zu erhalten", berichtet Wieghart Greff, "trotzdem haben wir natürlich das eine oder andere modernisiert." Die Außenwände beispielsweise wurden auf der Innenseite "begradigt", indem eine Ytong-Wand hochgemauert wurde. Zugleich wurde eine Schüttung als Dämmung gewählt, was den Energieverbrauch zum Heizen deutlich reduzieren sollte. Bei allen übrigen Wände bleibt das Fachwerk sichtbar - und die Wände bleiben so schief, wie sie auch ursprünglich waren. Die Böden wurden dagegen wieder begradigt und ausgeglichen - durchaus verständlich bei einem Höhenunterschied von rund 20 Zentimetern von einer Hausecke in die andere. "Zum Glück waren die Raumhöhen auch in den beiden Dachgeschossen groß genug", freut sich der Bauherr, "auch größere Leute können uns noch besuchen, ohne andauernd geduckt stehen und gehen zu müssen."

Herbert Hoffmann und sein Fachwerkhaus-Kleinod
Die Außenwände wurden innen mit Ytong begradigt

Herbert Hoffmann und sein Fachwerkhaus-Kleinod
Bei vielen Wänden blieb das Fachwerk sichtbar

Problemlos ging die Sanierung des Tragwerks voran: "Angenehm dabei war die Zusammenarbeit mit einem Zimmermannsmeister aus dem Ort. Der hat ganz selbstverständlich mit einem Bekannten und mir zusammengearbeitet und wir drei haben dann das komplette Tragwerk überarbeitet", erzählt Greff.

Komplett erneuert wurden natürlich die Elektro-, Gas- und Wasser-Installationen, eine Aufgabe, die gerade in Fachwerkbauten besonders sorgfältig geplant und durchgeführt werden muss, gehören doch undichte Wasser-Installationen zu den häufigsten Schadensursachen im Wand- und Deckenbereich. Und weil Rohre bzw. Leitungen nicht einfach in die Decken und Wände eingelassen werden können muss hier eine gründliche Planung des "Hauptnervenstranges" erfolgen. "Wir hatten zum Glück Platz genug und so konnten wir in einer Ecke einen Bereich als Leitungsschacht abmauern", plaudert Greff aus dem Nähkästchen.

Damit in Zusammenhang stand auch die Erneuerung der Heizungsanlage: Greff entschied sich für einen Kachelofen und eine zusätzliche Flüssiggas-Zentralheizung. Verbaut wurden ausschließlich normale Heizkörper, von einer Fußbodenheizung nahm Greff Abstand. Unter dem Dach wurde eine Gas-Therme installiert, die für das nötige Warmwasser sorgt. Glück hatte die Familie mit dem Zustand der Kamine: Zumindest einer war noch in einem hervorragenden Zustand, sodass die Greffs damit kaum Arbeit hatten.

Als einen "wunden Punkt" bezeichnet Greff übrigens die Aktivitäten im Bereich Denkmalschutz. "Bei aller Liebe zu altem Fachwerk: Die Auflagen der Denkmalschützer können die Kosten einer Fachwerkhaus-Sanierung ganz schön in die Höhe schnellen lassen", hat Greff erfahren müssen.

Herbert Hoffmann und sein Fachwerkhaus-Kleinod
Das Dach wurde komplett saniert

Herbert Hoffmann und sein Fachwerkhaus-Kleinod
55 Fenster wurden erneuert

Die Denkmalpfleger kommen mit detaillierten Vorgaben: Die Auflage, eine Raumaufteilung nicht zu verändern, leuchtet ein, ebenso kommt auch wohl kaum jemand auf die Idee, plötzlich großformatige Dachflächenfenster einzubauen. "Geregelt wird außerdem die Art des Verputzes, die Farben für Putz und Fachwerk, Art und Farbe der Eindeckung, die Gestaltung der Zufahrt und sogar Art und Aussehen der Eingangstür", erzählt Greff. Unangenehm war für ihn die Anordnung, ausschließlich Verbundglasfenster mit Sprossen im alten Stil einzusetzen. "Das sind Spezialanfertigungen. Und es gibt in ganz Deutschland nur wenige Firmen, die so etwas noch herstellen." Entsprechend gesalzen sind die Preise: "Geplant hatten wir den Einbau von normale Fensten mit vorgesetzten Sprossen, die ca 450 Mark das Stück kosten. Jetzt haben wir ganz einfache Fenster, für die wir aber 800 Mark das Stück bezahlen. Und bei insgesamt 55 Fenstern läppert sich da ein schönes Sümmchen zusammen", klagt Greff.

Als Gegenleistung kann Greff sich über einen Zuschuß in Höhe von 14.000 Mark von der Gemeinde sowie über eine erhöhte steuerliche Abschreibung freuen. Bloß: "Die vielen Stunden, die wir hier in Eigenleistung gearbeitet haben, die erkennt das Finanzamt leider nicht an. Das ist sozusagen für die Katz", ärgert sich Greff ein bisschen.

Trotzdem bereut er es nicht, die Sanierung seines Traumhauses in Angriff genommen zu haben: "Ein Fachwerkhaus hat einfach Charakter und Flair. Für mich hat so ein Haus einfach einen ganz besonders hohen Wohnwert, da lohnt es sich, den Ärger, die Mühen und auch die vielen dummen Sprüche von Bekannten in Kauf zu nehmen."

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